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Kurzgeschichte: Bitte bewerten! "Der Kaktusduft - Drück fester, wenn es sticht."

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  1. Autor dieses Themas

    tonystar

    tonystar hat kostenlosen Webspace.

    Info:

    Ich bin noch Schüler am Gymnasium, 17 Jahre alt und hatte gestern Nacht plötzlich Lust mal etwas zu schreiben. Würde mich sowas von sehr über ein paar Kommentare und Einschätzungen freuen.

    Text:

    Der Kaktusduft
    Drück fester, wenn es sticht.

    Ich bin ganz normal, nichts Besonderes, mit normalen Interessen, normalen Freunden und total normalen Besonderheiten. Wäre ich etwas Besonderes, wenn ich irgendetwas ganz außergewöhnliches an mir hätte, oder würde mich das einfach nur noch normaler machen als ich sowieso schon bin? Ich bin so normal, dass es noch nicht einmal Sinn machen würde, darüber auch nur nachzudenken.
    Wie auch immer, ich heiße Tom und bin gerade in den besten Jahren vor den besten Jahren, denn ich gehe noch zur Schule. Dieses Gymnasium lässt mich unfreiwillig zu der Mehrheit aller Schüler in unserem schönen Deutschland gehören. Allein diese Tatsache schränkt die Freiheiten etwas in meinem Leben zu verändern und außergewöhnlich zu werden schon extrem ein. Um genau zu sein schränkt es mich um die 320 Minuten plus Schulweg ein; und das jeden Tag, außer an den gelobten Wochenende. Was mir bleibt sind die 1120 Minuten, doch die haben gereicht.
    Tom, das ist mein Name und gleichzeitig auch das Wort, dass ich am zweithäufigsten in meinem Leben gehört habe (das Wort „ich“ wird in unserer egoistischen Gesellschaft heute halt am häufigsten benutzt) und er ist die Information, die selbst der kleine Junge, der sich das Telefonbuch nur zum Anzünden beim Kiosk holen wird, über mich herausfinden könnte. Wenn ich denn später einmal überhaupt darin stehen werde. Er könnte, doch das tut er nicht, denn er verbrennt es nur. Und mit mir alle anderen Grundkommunikationsinformationen der Menschen, die mit mir in der Stadt wohnen. Macht mich das wiederum irgendwie besonders normaler als ich sowieso schon bin, oder sollte mich das eher traurig machen. Immerhin hätte er soeben mich, oder ehrlich gesagt nur meinen Namen, verbrannt.
    Mein Name. Tom. Ist der etwa besonders? Ich glaube nicht, auch wenn er besonders kurz ist. Ich hatte nie einen Spitznamen. Wahrscheinlich werde ich auch nie einen haben. Wenn man gute Freunde hat, dann gibt man sich tolle Spitznamen. Ich hätte ich eigentlich auch gerne einen. Ist das jetzt meine Schuld, oder ist es die meiner Eltern? Sollte ich lieber ein besserer Mensch mit besseren Freunden werden, die mich so sehr mögen, dass sie mir tolle Spitznamen geben? Oder sollte ich meinen Eltern die Schuld geben, weil sie mich so genannt haben?
    Ich mag Tom. Wieso sollte ich mich auch darüber ärgern keinen Spitznamen zu haben? Eigentlich könnte Tom ja schon ein Spitzename sein, weil er ja immerhin schon echt kurz ist. Ich erzähle ab jetzt einfach allen, dass ich Tomas heiße, sie mich aber Tom nennen dürfen, auch wenn ich mich dabei dann selbst anlüge. Doch würde mich dann überhaupt noch jemand Tom nennen? Und besonders Tomas bin ich nicht, also bleibe ich lieber so normal Tom, wie ich immer normal Tom war.
    Ich mag Tom. Ich hatte nie einen Spitznamen.
    Wahrscheinlich machen sich nicht viele Menschen Gedanken über so etwas, doch es müssen ja zumindest einige sein, einige andere, die dann genauso normal sind wie ich. Vielleicht haben mir aber auch meine Eltern so einen kurzen Namen gerade deswegen gegeben, damit ich mir niemals Gedanken darüber machen muss, warum mich jeder Amadeus Wolfgang nennt und ich somit keine Freunde habe. Vielleicht wollten sie mich ja damit beschützen. Doch bin ich wirklich so schwach, dass ich beschützt werden muss? Und dann auch noch von meinen Eltern. Wie peinlich!
    Würde ich dann später eigentlich mehr dafür bezahlen müssen, dass mein Name in dem verbrannten Telefonbuch gestanden hätte, nur weil er länger gewesen wäre?
    Tom, dass ist meine Name und gleichzeitig auch das, was mich dann im Telefonbuch meiner Stadt so besonders machen würde, denn wahrscheinlich wäre ich darin der einzige Mensch, der so hieße. Etwas Besonderes sein. Zumindest in dem verbrannten Telefonbuch. Das fühlt sich gut an. Wie würde der kleine Junge das Telefonbuch verbrennen? Etwa mit seinem coolen Freund, der ihm gerade sein erstes Feuerzeug besorgt und ihm somit den Schlüssel für die Welt des wunderbaren Feuerspiels geschenkt hat, oder würde er doch das Feuerzeug von seinem versoffenen, alkoholabhängigem Vater, der währenddessen betrunken auf der Couch läge, benutzen? Würden sie schnell aus dem Park wegrennen, nachdem es heftig angefangen hätte zu brennenden, weil sie noch so jung und feige sind und Angst haben, dass sie gesehen werden könnten? Würden sie um das Feuer tanzen, weil das Adrenalin in ihrem Körper sie so herbst glücklich macht und sie fasst wünschten in einer Großstadt mit noch viel mehr Seiten zu wohnen? Oder würde der Junge das Telefonbuch auf dem leeren Schulhof in der Ecke nur verbrennen, weil es bei seinem Vater auf der Couch so dreckig und kalt ist?
    Mein Name ist Tom und das ist gleichzeitig auch der Name, der so unglaublich unspannend ist, dass es ihn vermutlich Hunderte Male in unserem schönen Deutschland gibt. Mein Leben mag zwar echt normal sein, genauso wie mein total normaler Name. Doch mein Leben ist krass, und es ist derbe, denn der Junge hätte den Namen eines Mörders verbrannt ohne es zu wissen, so wie jeder andere total normale Mensch in unserem total normalen, schönen Deutschland es nicht wüsste. Denn mein Name ist Tom, und ich war es.
    Hört sich das jetzt besonders an?

    Es ist zwar nicht verwunderlich, aber der Kaktus, den ich mir gekauft habe, sticht. Er ist zwar keine schöne Blume mit toll anzusehenden Blüten, weil er nun mal nur Hunderte Stacheln hat, doch wenigstens braucht der nicht so viel Wasser wie eine blaue Rose bräuchte. Pflegeleicht ist er, und grün und dabei schön anzusehen. Und ganz zu schweigen von seinem Duft natürlich.
    Wie wäre es mit Kaktusduft aus der edlen Sprühflasche? Er würde uns vor allem bewahren, was an so ganz normalen Tagen auf uns wartet. Beschützt uns vor den normalsten, unvermeidlichsten Ausdünstungen unserer Achseln, verleit unserem Körper und uns dieses super Frischegefühl, das sogar ganze 24 Stunden wirkt, und wenn uns mal jemand zu nahe kommen sollte: kein Problem, denn es ist ja Kaktusduft, und der sticht.
    Doch am liebsten würde ich den Kaktus gar nicht ansehen, ich wünsche mir eigentlich sogar er wäre nicht da. Ich stelle mir einfach vor, in der Ecke am Fenster wäre ein kleines Stück Nichts, obwohl das falsch ist. Denn gekauft habe ich dieses grüne, stachelige Nichts ja deshalb, um mich daran zu erinnern. Vergessen kann ich es zwar nicht, doch so fällt es mir wenigstens schwerer es zu verdrängen.
    Eigentlich mache ich gerne Komplimente und versuche dabei ehrlich zu sein. Doch manchmal muss man halt lügen, um ein Kompliment machen zu können. Kim saß plötzlich neben mir im Chemie-Raum. Die Neue. Echt gut, dass sie da saß und ich bei ihr nicht einmal lügen brauchte. Dachte ich jedenfalls. Anstelle von Pro-, Elek- und Neutronen in meinem Kopf, schwirrten da nur Gedanken an sie herum.
    „Ich mag deinen Duft. Ich bin Tomas, du kannst mich aber auch Tom nennen.“
    „Danke. Ich bin Kim. Nicht viel Spielraum für einen Spitznamen, oder?“ Und sie verlies den Raum. Unser erstes Gespräch war wohl nicht eines dieser unglaublich langen und unglaublich tiefgründigen. Aber das ist normal für mich.
    Ob sie wohl Kaktusduft kannte? Hoffentlich nicht, schließlich wollte ich sie ja kennen lernen.
    Zwei Monate Chemie brachten mir zwar nicht die Erkenntnis, die mich zu einer Bestnote hätte führen können, doch aber musste ich einsehen, dass sich Kim auch einfach umsetzen kann, was sie auch tat. So war das Einzige, was ich über sie danach wusste auch nur ihr Name und ihre Leidenschaft für die blaue Rose, die sie fast täglich in ihren Haaren trug. Zu groß war meine Scheu zu hören, dass sie mich enttäuscht, mich Tomas nennt. So blieb ich stumm, die ganze Zeit.
    Ob ihr Name später auch in dem verbranntem Telefonbuch gestanden hätte? Wäre er dort gewesen, so müsste es vielleicht normal sein, dass es den ihren mehrmals gibt in der Stadt in unserem schönen Deutschland.
    Eine blaue Plastik-Rose wollte ich nicht und so ist der Kaktus nun mal die praktischste Alternative. Und ich hatte schon viele praktische Alternativen gefunden, die mein Leben irgendwann, nachdem es nichts mehr zu finden gab, zur ultimativ perfektionierten Normalität machten. Doch das durfte nicht so bleiben, denn allein mein Name, Tom, lies mich an ihren denken. Unsere drei Buchstaben machten einfach deutlich, dass es keine Alternative zum Zufall gab. Ich musste sie treffen.
    Nach den normalen 320 Minuten Routine und Texas aus der Dose, machte ich mich auf den Weg. Es ist Winter und Kim geht jeden Dienstag durch die dunkle, ach so gefährliche Heide zum Sport. Sie dachte wohl sie bräuchte nicht beschützt werden, denn passiert war ihr ja normalerweise noch nie etwas.
    Es waren nur ein paar Sekunden. Die extra dicken Handschuhe sollten mich schützen, doch es schmerzte trotzdem höllisch. Hunderte Stiche in meinen Hände, denn sie trug ihn. Kaktusduft. Falsch fühlte es sich nicht an, obwohl es nicht ihre Schuld war. Sie war einfach normal, so normal wie ich es war. Wir halfen uns ja nur gegenseitig, denn ich bin mir sicher: auch sie wollte besonders werden.
    Als sie aufhöre zu atmen wurde sie ganz schlaff, mir schlecht, doch ich zog sie noch bis in den Busch, in dem sie noch immer liegt, die blaue Rose im Haar. Hätte sie drei Buchstaben gesagt, würde ich den Kaktus jetzt nicht gießen brauchen. Doch das hat sie nie.
    Jeder sucht sie, ich auch. Die ganzen drei Tag suche ich sie schon, wie verzweifelt. Keiner ahnt es und keiner weiß es. Einfach so sein wie jeder andere, dass macht uns normal. Ich bin so normal, dass es noch nicht einmal Sinn machen würde, darüber auch nur darüber nachzudenken. Der Kaktus hat Stacheln und ich seinen Duft.
    Ich mochte Kim. Sie hatte nie einen Spitznamen.
    Ich habe Angst davor später nicht im Telefonbuch zu stehen, so wie es normal ist. Ich will verbrennen mit ihm. Keiner hätte es gedacht, doch das ist normal.
    Ich will total normal und nicht mehr besonders sein, ganz besonders jetzt gerade, wenn ich an meinem Kaktus vorbeigucke und an drei Buchstaben denken muss.
    Denn ich bin besonders und sie tot.
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  3. Hat mit Lima-City ja so allgemein nichts zu tuen, ich verschiebs mal nach "Literatur & Kunst"

    *verschoben nach Literatur & Kunst*
  4. Mhhh.. Interessanter Grundgedanke.
    Soll die Aussage sein, dass die Vereinheitlichung der Individuen, wie man sie heutzutage überall antrifft, Menschen zu mördern macht, und das auch noch dadurch verstärkt wird, dass "normal" sein auch noch als "gut" oder "richtig" suggeriert wird?

    Falls ja, gebe ich dir recht.
    Du hsat sogar die Kriterien einer Kurzgeschichte recht gut eignehalten. Nur der Wendepunkt, der Kernpunkt, Das AHA!-Erlebnis, hat irgendwie gefehlt. Ich hatte schon nach den ersten Zeilen einen - oder mehr ein paar viele - Eindrücke, wie die Geschichte weitergehen könnte. Und einer war, dass der liebe Protagonist verrückt ist, ein Mörder oderPsychopath.
    Mir persönlich hat ein wenig dieser Grübeleffekt gefehlt. alelrdings kann ich da auch alleine stehen... ich mag nunmal Geschichten, die man nicht auf Anhieb versteht. ^^

    Nunja, eventuell habe ich - jetzt auf die schnelle, nach dem ersten Eindruck - falsch interpretiert. Falls dem so ist, sag Bescheid, dann bemühe ich mich eventuell mal und gehe die geschichte Schritt für Schritt durch, deute Symbole und Phrasen... Joa. Sofern das überhaupt deine Itnention war. ^^
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